Tagebuch einer Sprachenlehrerin

Ich unterrichte Deutsch. Deutsch als Fremdsprache.

Tag: storytelling

Daumerling

Heute gibt es mal wieder was aus der Kategorie interaktive Geschichten im Unterricht. Gerade heute ausprobiert habe ich nämlich das interaktive Märchen „Daumerling„, dass auf der Seite vom Goethe-Institut kostenlos zur Verfügung steht.

Die Geschichte hat recht lose mit dem Märchen „Der kleine Däumeling“ zu tun… Also sehr lose. Vor allem, weil die Hauptfigur so klein wie ein Daumen ist. Ich glaube, das war’s auch schon mit der Ähnlichkeit, aber ich bin zugegebenermaßen auch nicht sehr Däumeling-fest.

Und aus Gründen, die ich schon wieder vergessen habe, verlässt in dieser Geschichte Daumerling seine Schneider-Familie und zieht auf eigene Faust los. Dabei müssen die „Leser“ ihm regelmäßig helfen, indem sie beispielsweise die Zutaten für die Suppe in der ganzen Küche suchen und in den Topf werfen, damit der Daumerling noch ein letztes stärkendes Mahl zu sich nehmen kann, bevor er auf Wanderschaft geht. Oder er steht auf der Straße und es bieten sich drei verschiedene Möglichkeiten, was Daumerling jetzt machen kann.daumerling

Eben dieses interaktive Märchen habe ich heute mit meinen ABC-Schützen ausprobiert. Der muttersprachliche Förderunterricht für die bilingualen Kinder findet immer nach dem regulären Unterricht statt und seit der Zeitumstellung Ende Oktober ist es bis zum Ende der Stunde dunkel. Das wirkt sich auch auf die Kleinen aus. Deshalb wird jetzt in der dunklen Jahreszeit mehr vorgelesen – oder halt mal ein interaktives Märchen gespielt. Jetzt bin ich etwas abgedriftet. Ich wollte sagen, dass dieses interaktive Märchen besser funktioniert hat als erwartet. Die Kinder haben nicht nur dem Daumerling gern beim Kochen geholfen und Sachen auf dem Smartboard angeklickt undgedrückt und herumgeschoben, sie wollten auch am liebsten alle drei Varianten spielen, wenn Daumerling auf einer Kreunzung stand. Ich hatte erwartet, dass sie sich damit zufrieden geben, wenn die Geschichte die Wendung nimmt, dass Daumerling zurück nach Hause geht oder auf die eine oder andere eher grausame Weise stirbt: von der Kutsche überrollt, in einer Kiste Goldtaler erstickt, von einer Kuh gefressen und dann zu Wurst verarbeitet. Vielleicht am besten Max und Moritz zur Einstimmung und Abhärtung vorher lesen.

Mit dieser Empfehlung, die mich ob ihres großen Erfolgs doch ein wenig überrascht hat, verlasse ich für heute wieder die Blogoshäre.

Storytelling

… ist ja jetzt in aller Munde. Vor allem mit der Vorsilbe „digital“. Was das genau ist und wie man es nutzt, wollte ich mal in einem MOOC lernen, aber dann habe ich den Anfangstermin verpasst und bin irgendwie nicht mehr reingekommen.

Trotzdem ist es ja irgendwie wichtig, dass Kinder lernen zusammenhängende Geschichten zu erzählen und dabei von mir aus auch gern andere verbindende Wörter außer „dann“ benutzen. Das kann ja auch ganz altmodisch im Heft mit Papier und Bleistift. Bei mir früher in der Schule haben wir dann „Reizwortgeschichten“ geschrieben. Ich habe mich nach ein wenig mehr und vor allem visueller Hilfestellung umgesehen.

Zuerst hat mir ein Kollege „Story Cubes“ empfohlen. Das sind ganz gewöhnliche Würfel mit Bildern drauf, die dann, je nach dem was man würfelt, eben einen Impuls zu Erfinden einer Geschichten anregen sollen. Um ehrlich zu sein, ich habe sie nie selbst mit einer Klasse ausprobiert. Zum damaligen Zeitpunkt fand ich den Preis ein wenig teuer für nur 9 so banale Würfel. Außerdem problematisch fand ich die Größe der Würfel. Sie sind nämlich nicht größer als jeder herkömmliche Zahlenwürfel. Das ist für größere Gruppen und kleinere Kinder nicht so geeignet. Ich wartete also darauf, dass irgendwann auch meine Stunde schlagen würde und ich die perfekten Geschichtenwürfel fände…

2016-11-03-18-34-17Ein Jahr verging und ich hatte die Würfel schon begraben und vergessen. Bis ich im Urlaub auf dieses Spiel gestoßen bin und so begeistert war, dass ich es nach kurzem Zögern doch gleich mitgenommen habe. „How to tell a story“ enthält 20 Würfel und ein Buch mit sehr vielen Ideen zur Anwendung, Spielen, Geschichtenanfänge, Charakterbildung etc. Das Buch ist auf Englisch und ich bin nicht sicher, ob das Produkt überhaupt auf Deutsch erschienen ist. Die Würfel sind einges größer als normale Zahlenwürfel, und aus einem undefinierbaren Material mit Folie und Bildern beklebt. Nicht alle Würfelseiten sind 100% akkurat beklebt, das sieht man schon, aber stabil sind die Würfel, auch wenn sie nicht aus Holz sind. Jedenfalls konnte meine Gruppe 8-9-Jähriger sie noch nicht zerstören. Wirklich zufrieden bin ich vor allem, weil ich etwas gefunden habe, das meinen Anforderungen gerecht wurde. Die Würfel sind eben groß genug, die Bilder sind bunt, klar erkennbar und teilweise sehr phantasievoll bis fantastisch. Genau richtig für die kindliche Fantasie.

Ich habe mir drei Übungen bzw. Spiele aus dem beiliegenden Buch ausgesucht und daraus eine Einheit mit Stationen lernen gemacht. Ich denke, ich werde die Geschichtenwürfel auch diesen Winter hervorholen, denn die dunkle Jahreszeit ist genau die richtige um im Kreis zu sitzen und sich gegenseitig Geschichten zu erzählen.