Vom Turmbau
… und anderen Missverständnissen.
Thema Satzbau.
Wie kann man so ein gähnend langweiliges Thema wie den deutschen Satzbau greifbar und lustig machen?
Die Idee, dafür die Bausteine eines berühmten Turmbau-Spiels zu nutzen, kam nicht von mir, die habe ich von einer Fortbildung. Dort waren die Bausteine aber holzfarben und mit ausgeruckten Wörtern beklebt. Das habe ich einer Guerilla-DIY-Aktion etwas optimiert. Geholfen hat mir dabei ein großes schwedisches (Möbel)-Kaufhaus, wo es offenbar auch brauchbares Lehrmaterial gibt. Jedenfalls fand ich dort die bunten Bausteine, die sogar in mein gewünschtes Farbschema passen: Subjekt = rot; Prädikat = blau; Objekt = grün.
Zunächst dachte ich noch, dass Ausdrucken und Bekleben das Mittel der Wahl sei, aber irgendwie schien es mir doch schon von Anfang an wenig flexibel. Wenn der Wortschatz der Lerner noch sehr begrenzt ist, reicht das vielleicht aus. Aber für die meisten Zwecke wird es den Lernern schnell langweilig werden oder man benötigt SEHR viele Bausteine. Im Prinzip ist das Spiel mit beklebten Bausteinen nur ein- bis zweimal zu spielen, bis alle Satzkombinationen ausgeschöpft sind. Dann kann man das Spiel entweder für eine andere Klasse verwenden oder muss neu drucken und bekleben. Zu viel Aufwand für meinen Geschmack.
Zum Glück stand bei mir zuhause noch eine Dose Tafelfarbe herum. Als ich vor einem Jahr umgezogen war, bzw. eigentlich bevor ich umzog, und mich ans Streichen machte, entdeckte ich im Baumarkt sowohl Magnetfarbe als auch Tafelfarbe. Damit kann man seine Wand entweder in eine Magnetwand oder eine Tafelwand verwandeln oder wahlweise auch beides übereinander streichen, wenn man sich nicht entscheiden kann. Ich entschied mich. Für die Tafelfarbe. Erst beim tatsächlichen Umzug fiel mir allerdings auf, dass die meisten Wänder meiner Wohnung aus Rauputz bestanden und man darauf ja nun nicht so gut mit Kreide schreiben kann. Das war, wie man sich vorstellen kann, ein ziemlicher Rückschlag für mich. Glücklicherweise fand sich jetzt, etwa ein Jahr später, doch noch der perfekte Nutzen für die Tafelfarbe. Auf meinen Satzbausteinen! Damit sind sie total wiederverwendbar und eigentlich ist der Plan auch, dass, nach einiger Übung der Kinder mit den Bausteinen, sie selbst neue Satzbausteine erfinden und aufschreiben.
Wie kann man damit arbeiten?
Wir haben die Bausteine probiert und es kamen die lustigsten Sätze heraus. Zunächst bekamen alle Gruppen nur einen roten, einen blauen und einen grünen Baustein. Daraus sollten sie einen sinnvollen Satz bilden und diesen dann so oft wie möglich umstellen. Danach bekamen je noch drei Bausteine von jeder Farbe und sollten zuerst wieder sinnvolle Sätze bilden. Als letztes durften sie so verrückte und wilde Sätze machen, wie sie wollten. Der komischste Satz gewinnt. Ich sage nicht, welcher Satz gewonnen hat, aber die Oma kam darin vor. Die Kinder hatten einen Heidenspaß. Und gelernt haben sie auch, dass der Satzbau im Deutschen ganz flexibel ist. Da für die meisten Kinder hier Englisch die Kontrastsprache ist, ist das schon einmal eine wichtige Erkenntnis. Als nächstes werde ich dann tatsächlich die Kinder selbst Sätze erfinden lassen, die die anderen Gruppen nutzen sollen. So können sie das Gelernte selbst anwenden.
Wozu ist der ganze Aufwand gut?
Oder warum gibst du ihnen nicht einfach ein Arbeitsblatt, wo sie das aufschreiben sollen? Zum einen eben, wie eingangs gesagt, um das Thema ein wenig anschaulicher und interessanter zu machen. Arbeitsblätter gibt es jeden Tag. Bei diesen Übungen wird es hapisch und durch reales Umstellen der Steine deutlich, wie ein Satz gebaut ist. Damit ein anderer Lernkanal angesprochen und ein anderer Lerntyp, nämlich kinästetisch-motorische Lernkanal. Zu guter Letzt hilft dieses Greifbarmachen auch Lernern mit Dyslexie.
Es war schon ein wenig aufwendig in der Vorbereitung, das ist unbenommen, aber nachdem die Lerner so viel Spaß hatten und das Lernziel auch durch die Bank weg erreicht wurde, finde ich, es hat sich gelohnt.
Edit: Mittlerweile habe ich die Beschriftung mit einem Kreidestift optimiert. Am Anfang hatte ich konventionelle Kreide benutzt, wie sie bei uns in der Schule, obwohl wir schon lange keine grünen Tafeln mehr haben, zu finden war. Damit ist es aber doch eine kleine Herausforderung leserlich auf den Bausteinen zu schreiben. Und wenn man dann noch ein langes Wort schreiben will… Zunächst dachte ich, dass ich mich eben damit abfinden müsse, aber nun ja, kürzlich entdeckte ich im Schreibwarenladen Kreidestifte, die aussehen wie ein Edding oder Filzstift oder so und für Tafeln geeignet sind. Und was soll ich sagen: Großartig! Die Investition von 1,50 Euro hat sich gelohnt. Auch das Abwischen mit einem feuchten Tuch funktioniert hervorrragend.