Die Anfänge – Im Studium III

von carlacollumna

Dies ist der vierte Teil meiner Serie in die Vergangenheit. Hier gibt es die anderen Teile: Teil eins, Teil zwei, Teil drei.

Nach meiner missglückten ersten Stunde in Kiew habe ich noch ein wenig Privatunterricht gegeben und dann, zurück in Deutschland, studiert. Auch Geisteswissenschaften, aber nicht Deutsch als Fremdsprache. Ich konnte es aber doch irgendwie nicht lassen und habe ein paar Veranstaltungen aus dem Bereich besuchen. Allerdings habe ich das Ganze eher als zeitaufwendige Liebhaberei gesehen. Irgendwo im Internet hatte ich gelesen, dass man als DaF-Lehrerin arm wie eine Kirchenmaus leben muss oder in Entwicklungsländern. Bei beidem war ich mir nicht so sicher, ob das eine gute Zukunftsaussicht wäre. Andererseits habe ich ja sowieso schon Geisteswissenschaften studiert und war (bin immerhin) weiblichen Geschlechts – beides für sich genommen jetzt so statistisch gesehen keine Garanten für Sicherheit im Job und Wohlstand. Wenn sie auch noch beide zusammenkommen, dann ist das auch nicht gerade besser, denn in der realen Welt ist Minus und Minus nicht immer gleich Plus.

In einer dieser liebhaberischen Deutsch als Fremdsprache Seminare war ein Dozent, der die Berufsperspektiven für uns ziemlich umriss. Seine Ausführungen haben damals ziemlich Eindruck auf mich gemacht und sind mir noch heute im Kopf. Im Grunde, denke ich auch, hat er Recht.

Er sagte ungefähr folgendes:

Als DaF-Lehrer/in hast du zwei grundlegende Optionen, die dein Leben und deine Arbeit gleichermaßen und tiefgreifen beeinflussen. Überlegt euch also vorher genau, ob ihr bereit seid, euch für eine dieser beiden Optionen zu entscheiden, bevor DaF-Lehrer/in werdet.

Option eins ist, ihr bleibt in Deutschland. Dann wird eure Arbeit zu einem Großteil und mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Arbeit mit erwachsenen Migranten bestehen, die schon in Deutschland sind. Sie kommen aus aller Herren Länder, aus allen möglichen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen und mit den unterschiedlichsten Bildungshintergründen. Und sie werden alle zusammen in deinen Kurs geworfen. Ihr werdet mit sehr heterogenen Gruppen zu tun haben, oft auch mit traumatisierten Menschen oder Menschen, die kaum lateinische Buchstaben schreiben können, die in ihrem Heimatland kaum oder gar nicht die Schule besuchen konnten/durften; aber auch Menschen, die Hochschulabschlüsse haben und in leitenden Positionen arbeiteten, bevor sie auch welchen Gründen auch immer – meistens unfreiwillig – ihre Heimat verlassen mussten.

Wenn ihr vor dieser riesigen pädagogischen Herausforderung zurückschreckt, dann wäre da noch Option zwei: Ihr wandert aus. Dann wird eure Arbeit meist aus hochmotivierten teil jugendlichen, teils erwachsenen Lernern bestehen, die nicht in Deutschland leben und vielleicht niemals dort, aber vielleicht dort studieren oder arbeiten wollen. Ihr werdet es häufig mit heterogenen Gruppen zu tun haben, die alle die gleiche Muttersprache haben und da sie im gleichen Land leben, ähnliche Hintergründe haben.

Das seien die beiden Optionen. Ich war hin- und hergerissen. Wollte beides irgendwie nicht so richtig und dachte daran, mein zeitintensives Hobby aufzugeben. Dieses Seminar habe ich noch fertig gemacht und es wurde mir am Ende sogar für meinen eigentlichen Studiengang angerechnet. Ich hielt aber erst einmal Ausschau nach anderen Ufern im Kultur- und Verlagswesen.